Teresa Enke berichtete, dass es auch bei ihrem Mann Robert nicht der Leistungsdruck gewesen sei, der ihn in die Depression und letztlich in den Suizid getrieben habe. Er habe eine genetische Disposition gehabt.
„Saublöde Erkrankung“
Der Umgang und die Behandlung von depressiven Menschen hat sich in den letzten 40 Jahren zum Glück sehr verbessert. So haben sich die Suizidzahlen in den lletzten 40 Jahren von 18.000 auf 9.000 pro Jahr halbiert. Die Arbeit von Stiftungen wie Robert-Enke oder Deutsche Depressionshilfe hätten mit dazu beigetragen, die Krankheit etwas aus der Tabuzone zu holen, obwohl hier noch viel zu tun sei, so Prof. Hegerl. Die Selbststigmatisierung spiele eine große Rolle. Er sage seinen Patienten „Depression ist nicht ihr persönliches Versagen. Sie haben das Pech, eine Veranlagung zu dieser saublöden Erkrankung mitbekommen zu haben, so wie andere für einen Diabetes Mellitus, und nun ist die Aufgabe, das beste daraus zu machen." Und an Angehörige gerichtet stellte Prof. Hegerl klar: „Angehörige müssen sich klarmachen, dass sie nicht schuld an der Erkrankung sind, auch wenn es bösen Streit gegeben hat. Schuld ist die Erkrankung. Angehörige sind auch nicht für die Heilung verantwortlich.“
Antidepressiva und Psychotherapie
Die beiden wichtigsten Behandlungssäulen seine Antidepressiva und Psychotherapie. Bei Letzterer sei die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie am besten belegt. Dazu komme die Elektrokrampfbehandlung, die einen schlechten Ruf habe, aber für Erkrankte mit therapieresistenten Depressionen ein Segen sei, so der Psychiater und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Frankfurt am Main. Auch ein therapeutischer Schlafentzug und Sport seien unterstützende Therapieverfahren und in den offiziellen Behandlungsleitlinien genannt.
Geduld ist gefragt
„Den allermeisten Menschen kann heute geholfen werden. Es kann aber sein, dass das erste Medikament nicht vertragen wird oder nicht gleich anschlägt“, so Hegerl. Man brauche Geduld. Bei schwereren Depressionen sei es nicht ratsam, viele Wochen auf einen Therapieplatz zu warten. Besser sei es, sich an einen Facharzt, d.h. heißt einen Psychiater oder auch an den Hausarzt zu wenden. Bei letzterem müsse man dann aber auch ehrlich seine psychischen Probleme schildern, damit die Erkrankung erkannt wird. Viele Menschen werden von Hausärzten erfolgreich mit Antidepressiva behandelt. Zudem könnten Ärzte auch digitale Psychotherapie-Tools wie das kostenfreie iFightDepression-Tool der Stiftung Deutsche Depressionshilfe den Erkrankten anbieten.
Angebote der BIG
Die BIG hat bereits mehrere digitale Anwendungen für psychisch Erkrankte im Angebot. Diese stellte Peter Kaetsch, Vorstandsvorsitzender der BIG, beim BIGtalk vor. Darunter zum Beispiel das Versorgungsprogramm von mentalis, das psychisch Erkrankte nach einem stationären Aufenthalt bei der Rückkehr in den Alltag begleitet. „BIGmental“ wiederum ist ein drei- bis zwölfmonatiges Programm, das Menschen mit leichten bis mittelschweren psychischen Erkrankungen, auch Depressionen, unterstützt. Es beinhaltet eine telefonische Betreuung, ein Online-Selbsthilfeprogramm sowie psychotherapeutische Einzel- und Gruppensitzungen.
„Man muss daran glauben, dass das Leben wieder gut wird“
Moderatorin Steffi Strecker fragte Teresa Enke, worauf sie es zurückführe, dass sie damals sowohl am Tod ihrer zweijährigen Tochter als auch am Suizid ihres Mannes nicht zerbrochen sei. „Ich bin sehr lebensbejahend. Ich habe eine kleine Tochter, Tiere, die mich brauchen. Man glaubt gar nicht, was man alles schaffen kann. Man muss sich Zeit geben und daran glauben, dass das Leben wieder gut wird.“