Was ist Kolostrum und warum ist es so wertvoll?
Das Kolostrum beziehungsweise die Vormilch ist die erste Muttermilch, die aus eurer Brust austritt. Im Unterschied zur normalen Muttermilch ist es dickflüssiger bis schleimig und gelblich-orange. Es bildet sich ungefähr ab der 37./38. SSW. Danach habt ihr die Übergangsmilch – die wiederum die Vormilch der ‘normalen/reifen‘ Muttermilch ist.
Zwar bildet euer Körper auch schon vor der 37. SSW Vormilch, sie unterscheidet sich aber noch in Konsistenz und Reichhaltigkeit vom richtigen Kolostrum.
Das Kolostrum wird nur in kleinen Mengen – rund 40 Milliliter pro Tag – von eurem Körper produziert. Auch wenn es also nur eine kleine Menge ist, ist die Vormilch ein reichhaltiger und hochkonzentrierter ‘Wundertrank‘. Nicht ohne Grund wird Kolostrum daher auch Superfood für Neugeborene und ‘flüssiges Gold‘ genannt. Aber warum genau?
Welche Nährstoffe sind in der Vormilch?
Die Vormilch/das Kolostrum ist der erste Immunbooster für ein Neugeborenes, weil es folgende hochkonzentrierte Nährstoffe beinhaltet und dadurch einige gesundheitliche Vorteile hat:
Milcheiweiße/Enzyme – mehr als die Hälfte davon sind sogenannte Immuneiweiße wie etwa das sekretorische ImmunglobulinA (sIgA). Dieses schützt die Darm- und Atemwegsschleimhäute vor schädlichen Keimen. Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren mütterliche Antikörper wenig Fett – ist somit für den unausgereiften Darmtrakt leichter verdaulich. wirkt leicht abführend – dadurch kann das Mekonium/Kindspech einfacher ausgeschieden werden. Außerdem wird der Abtransport von Bilirubin im Darm angeregt, wodurch die Gefahr einer Neugeborenengelbsucht sinkt. stabilisiert Blutzuckerwerte des Kindes für Frühchen lebensnotwendig, weil sie durch die verkürzte Schwangerschaft über die Plazenta weniger Antikörper erhalten haben.
Muttermilchbanken: Für Frühchen lebenswichtig
Bei Müttern, die ihr Kind zu früh entbinden, produziert der Körper häufig noch keine Muttermilch. Die einzige Chance: Fremde Muttermilch, die andere Mütter sogenannten Muttermilchbanken zur Verfügung stellen.
Wann Kolostrum in der Schwangerschaft ausstreichen?
Natürlich kann es immer zu Problemen nach der Geburt kommen, weshalb Schwangere ab der 38. SSW (also drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin) ihr Kolostrum ein- bis zweimal pro Tag für je fünf bis zehn Minuten ausstreichen können. Zwar wird immer mal wieder davor gewarnt, dass das vorgeburtliche Ausstreichen Wehen auslösen kann, Studien belegen dies jedoch nicht. Besprecht euer Vorhaben dennoch zur Sicherheit immer mit eurer Hebamme oder eurem/eurer Ärzt*in. Bestehen folgende Beschwerden oder Risiken wird empfohlen, die Vormilch auf jeden Fall in der Schwangerschaft auszustreichen:
- Diabetes bei der Mutter
- Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
- zu erwartende (intensiv-)medizinische Behandlung beziehungsweise wenn das Baby nach der Geburt nicht normal gestillt werden kann – beispielsweise weil es eine Frühgeburt ist und über eine Magensonde ernährt werden muss (das Ausstreichen kann auch direkt nach der Geburt erfolgen).
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
- Ihr habt bei euren vorherigen Schwangerschaften auch Stillprobleme bzw. zu wenig Milch gebildet.
So streicht ihr Kolostrum in der Schwangerschaft aus
- Vor dem AusstreichenNehmt euch Zeit und setzt euch nicht unter Druck. Sucht euch zum Ausstreichen ein warmes und gemütliches Plätzchen, wärmt die Brust an oder geht vorher warm duschen und streicht das Kolostrum nur mit sauberen und trockenen Händen aus.
- Brustmassage Beginnt mit einer Brustmassage, aber verzichtet auf Massageöl, da dies das Kolostrum verunreinigt:
1. Greift zum Beispiel sanft die Brust mit beiden Händen von oben und unten und bewegt die Hände horizontal gegeneinander und wiederholt die Übung danach von links und rechts.
2. Legt eine Hand wie eine Schaufel unter die Brust und massiert mit den Fingern der anderen Hand sanft eure Brust in kreisenden Bewegungen. - Kolostrum ausstreichen Legt euren Zeigefinger und Daumen im C-Griff um die Brustwarze. Die Brustwarze ist somit das C-Zentrum. Schiebt dann die Finger sanft nach hinten (Richtung Brustkorb), darauf zusammen (ohne die Brustwarze zu quetschen) und nach vorn (Ruheposition).
- Es ist ganz normal, wenn die Milch nicht sofort heraustropft. Probiert euch ein wenig aus und vergrößert beispielsweise den Abstand zwischen Fingern und der Brustwarze. Auch könnt ihr eine Milchpumpe verwenden, um die Muttermilchproduktion anzuregen. Allerdings eignet sich die Milchpumpe nicht, um das Kolostrum zu sammeln, da zu viel verloren gehen würde.
Denkt immer daran: Es geht nicht um eine große Menge, sondern um wenige Tröpfchen. :) - Fangt dann die heraustropfende Milch sofort mithilfe eurer Utensilien auf, damit sie weder mit eurer Haut noch mit anderen nicht-sterilen Dingen in Kontakt kommt.
Kolostrum aufbewahren und transportieren
Kühlen
Sammelt das Kolostrum über 24 Stunden in der Spritze und füllt sie höchstens zu zwei Drittel, da sich Muttermilch beim Einfrieren ausdehnt. Innerhalb dieser 24 Stunden könnt ihr sie im Kühlschrank bei 3 bis 6 Grad Celsius (nicht in der Kühlschranktür, da dort die Temperatur zu stark schwankt) aufbewahren. Beschriftet die Spritze mit Namen und Datum.
Einfrieren
Nach den 24 Stunden die Spritze in einem Klarsichtbeutel oder einer Box bei rund -18 bis -20 Grad Celsius einfrieren, damit nichts beschädigt wird oder verloren geht.
Transportieren
Haltet für den Tag der Geburt am besten eine kleine Kühltasche mit Kühlakkus bereit, um die Vormilch darin zu transportieren. Darum kümmert sich am besten euer/eure Partner*in. Auf der Geburtsstation übergebt ihr dann die gefrorenen Spritzen an das Fachpersonal, um sie dort langsam im Kühlschrank oder für das sofortige Füttern unter warmem Wasser (max. 37 Grad Celsius) aufzutauen. Ist das Kolostrum bereits angetaut, darf es nicht mehr eingefroren werden.
Besprecht das genaue Vorgehen am besten noch mal mit euren behandelnden Ärzt*innen und/oder eurer Hebamme. Und natürlich hilft euch auch eure Hebamme bei den ersten Ausstreichversuchen.
Macht Kolostrum Babys satt?
Ja! 😊 Das Kolostrum ist in den ersten Tagen nach der Geburt die einzige Nahrung, die euer Baby zu sich nimmt. Und obwohl es nur wenige Milliliter pro Tag sind, macht es euer Baby trotzdem ausreichend satt, da der Magen eines Neugeborenen noch winzig ist und euer Baby noch nicht so oft gefüttert werden muss. Sofern ihr euer Baby direkt nach der Geburt problemlos stillen könnt und sein Blutzucker stabil ist, benötigt ihr das zusätzliche Kolostrum nicht mehr. Dann wird individuell entschieden, was damit passiert. Beispielsweise könnt ihr es wieder mit nach Hause nehmen, um euer Baby darin zu baden.