Diskriminierung von Teilzeitkräften bei Überstundenzuschlägen

Eine tarifvertragliche Regelung, die für den Anspruch auf Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten – unabhängig von der individuellen Arbeitszeit – voraussetzt, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitmitarbeitern. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, 8 AZR 370/20).

Laut dem Gericht werden Teilzeitkräfte durch eine solche Regelung wegen ihrer Teilzeit ungerechtfertigt unzulässig schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte behandelt. Zudem liegt regelmäßig auch eine mittelbare Diskriminierung des weiblichen Geschlechts gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, wenn in der betroffenen Gruppe der Teilzeitkräfte erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind, so das BAG.

Im vorliegenden Fall ging es um eine Überstundenregelung in einem Manteltarifvertrag (§ 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV). Darin war geregelt, dass Überstunden zuschlagspflichtig sind, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. Alternativ zur Auszahlung ist eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgesehen. Das Arbeitszeitkonto einer Teilzeitmitarbeiterin wies Ende März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von rund 129 Stunden aus. In Anwendung des Manteltarifvertrages zahlte der Arbeitgeber für diese Zeiten weder Überstundenzuschläge noch nahm er im Arbeitszeitkonto eine Zeitgutschrift vor. Die Teilzeitbeschäftigte verlangte eine Zeitgutschrift und zudem die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Sie vertrat den Standpunkt, die Anwendung von § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV benachteilige sie wegen ihrer Teilzeit unzulässig gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. Zugleich werde sie wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt, denn der Arbeitgeber beschäftige überwiegend Frauen in Teilzeit.

Das BAG sah das ebenso und sprach ihr sowohl die Zeitgutschrift als auch eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro zu. Auf Grundlage der Vorgaben des EuGH erklärte das BAG die umstrittene Tarifklausel für unwirksam, weil sie bei einer Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung war für das BAG nicht ersichtlich. Den Anspruch auf eine Entschädigung begründete das BAG damit, dass die Teilzeitmitarbeiterin durch die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe. Die Gruppe der in dem Unternehmen in Teilzeit Beschäftigten, die dem persönlichen Anwendungsbereich des MTV unterfallen, umfasste zu mehr als 90 Prozent Frauen.