Erschöpfte Mutter sitzt mit schreiendem Baby auf dem Arm auf einem Sessel

Schreibaby: Was ihr tun könnt und wieso ihr euer Baby niemals schütteln dürft!

Zwar ist es normal, dass Babys oder Kleinkinder schreien oder quengeln, allerdings kann es für euch Eltern sehr belastend sein. Besonders dann, wenn euer Kind laufend aus unerklärlichen Gründen und lange schreit. Wir erklären euch, wann die Bezeichnung Schreibaby auf euren Nachwuchs zutrifft, welche Ursachen das Schreien und Quengeln haben kann, wieso ihr euer Kind auf keinen Fall schütteln solltet, wie ihr stattdessen reagieren könnt und bei was euch sogenannte Schreiambulanzen und Schreiprotokolle unterstützen.

Babys schreien und weinen durchschnittlich anderthalb Stunden täglich. Hinzu kommen Situationen, die sie noch etwas häufiger schreien lassen. Das können Erkrankungen, Verletzungen oder auch eine laute oder stressige Umgebung sein.

Wann ist ein Baby ein Schreibaby?

Von einem Schreibaby spricht man in der Regel dann, wenn beim Schreiverhalten die sogenannte Dreierregel von Morris Wessel greift:

Baby schreit …

  • mehr als drei Stunden pro Tag
  • an mehr als drei Tagen pro Woche
  • drei Wochen lang und mehr

In welchem Alter schreien Babys so extrem?

Meist beginnt das exzessive Schreien oder Quengeln im Alter von zwei Wochen, nimmt bis zur fünften/sechsten Woche zu und nimmt dann meist wieder langsam ab. Orientiert man sich an der Dreierregel, ist jedes sechste Kind in Deutschland ein Schreibaby. Bis zum dritten/vierten Monat nimmt das Schreien bei etwa der Hälfte der Babys wieder ab. Danach schreien oder quengeln noch knapp sechs Prozent der Babys übermäßig viel, ab dem sechsten Lebensmonat sind es „nur“ noch 2,5 Prozent.

Weitere typische Symptome von Schreibabys

  • gerötetes Gesicht
  • Angespanntheit: geballte Händchen, angezogene Beine
  • Blähbauch (durch die Luft, die sie vermehrt durch das Schreien einatmen.)
  • Schreckhaft (reagieren extremer als andere Babys auf äußere Reize)
  • zappelig/unruhig
  • quengelig
  • lassen sich schwer trösten
  • schlafen schlecht

Welche Ursachen liegen dem vermehrten Schreien zugrunde?

Die meisten Babys lernen relativ schnell, sich selbst altersentsprechend beispielsweise durch Daumenlutschen oder mithilfe einer Kuscheldecke zu beruhigen. Schreibabys haben dagegen eine verzögerte Verhaltensregulation (Regulationsstörung) – ihnen fällt es also schwerer, sich selbst zu beruhigen, reagieren oft sensibler auf äußere Reize und können sich schlechter anpassen. Das gilt vor allem für Babys Schlafrhythmus, der auch vom biologischen Reifungsprozess des Babys abhängig ist. So sind Schreibabys meist stark übermüdet, weil sie tagsüber zu kurz schlafen und abends schlecht einschlafen können. Dieses Problem kennen Eltern bei sich selbst sehr gut, weshalb es in den meisten Fällen zu Überempfindlichkeit und Anspannung kommt, die die Problematik weiter verstärkt. Möglich ist auch, dass andere Ursachen wie organische Beschwerden, Allergien oder auch das KISS-Syndrom (Kopfgelenk-induzierte-Symmetriestörung) für das extreme Schreien verantwortlich sind.

Kinder spielen im Garten.

Kinder- und Jugendvorsorge

Wie bereits erwähnt, kann das Schreien eures Babys auch ein Hinweis auf eine bislang unentdeckte Erkrankung oder Entwicklungsstörung sein. Die sogenannten U-Untersuchungen beim Kinderarzt tragen dazu bei, diese frühzeitig zu erkennen und die Gesundheit eures Kindes zu schützen.
Zur Übersicht aller U-Untersuchungen der BIG

Mögliche Spätfolgen

Bestehen Regulationsstörungen wie Schrei-, Schlaf- oder Fütterstörung über mehrere Jahre, erhöht sich das Risiko, an ADHS zu erkranken. Dies trifft auch zu, wenn Babys ab dem fünften Monat mehrere Regulationsstörungen auf einmal entwickelt haben.

Babys und Kleinkinder niemals schütteln!

Eltern von Schreibabys sind verständlicherweise irgendwann am Ende ihrer Geduld und ihrer Kräfte. Viele von ihnen leiden sogar unter einem chronischen Erschöpfungs- und Überforderungssyndrom. Dies kann leider schnell dazu führen, dass sie ihrer Verzweiflung in Form von verbaler und körperlicher Gewalt wie schreien, schlagen, dem Kind die Luft abdrücken oder es zu schütteln, Luft machen. Fakt ist: Jegliche Form von Gewalt lässt Babys und Kleinkinder nur noch mehr schreien. Was viele Eltern zudem nicht wissen: Selbst wenn ihr euer Baby oder Kleinkind „nur“ leicht schüttelt, kann es zum sogenannten Schütteltrauma - engl. Shaken-Baby-Syndrom (SBS) - kommen, wodurch ihr euer Baby in Lebensgefahr bringt. Untersuchungen zeigen, dass speziell Väter aus dem Affekt heraus dazu neigen, ihr Kind am Oberkörper zu packen und es dann zu schütteln.

Was passiert beim Schütteltrauma-Syndrom?

Je jünger euer Kind ist, desto schwächer ist seine Nackenmuskulatur. Beim Schütteln wird der Kopf in alle Richtungen geschleudert. Dadurch können Nervenbahnen und Blutgefäße im Gehirn reißen, innere Blutungen entstehen und der Atem aussetzen, wodurch es zu einem Sauerstoffmangel kommt. Zwischen zehn und 30 Prozent sterben am Schütteltrauma-Syndrom, Babys, die es überleben, leiden in 50 bis 70 Prozent der Fälle beispielsweise häufig unter Krampfanfällen, Erblindung, Hörverlust, Sprachstörungen, Entwicklungsverzögerungen und anderen bleibenden körperlichen und geistigen Behinderungen. Hier findet ihr weitere Infos.

Wie könnt ihr ein Schreibaby beruhigen?

Die wichtigsten Erste-Hilfe-Tipps, wenn euer Kind nicht aufhört zu schreien und ihr am Ende eurer Kräfte seid

  1. Legt es behutsam ins Bettchen oder auf den Boden und verlasst den Raum, atmet tief durch und versucht euch zu beruhigen. Vielleicht hilft es euch auch, kurz mit einer vertrauten Person zu sprechen. Schaut zwischendurch immer mal wieder nach eurem Kind. Habt ihr euer Kind doch geschüttelt, fahrt sofort ins Krankenhaus.
  2. Reduzierung von Reizen wie lautes Spielzeug, hektische Bewegungen, unterschiedliche Beruhigungsrituale, Rückenklopfen, ständiges „Bei-Laune-Halten“
  3. Stattdessen: langsam und sanft wiegen/schaukeln
  4. Schnelle Hilfe für Eltern gibts hier: Anonymes Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“ unter 0800 – 111 0 550
  5. bke-Onlineberatung für Eltern (Mailberatung, Gruppen- und Einzel-Chat-Beratung)
    bke-Onlineberatung

Allgemeine Tipps, damit (Schrei-)Babys seltener schreien

  • ruhiges Umfeld
  • geregelter Tagesablauf (speziell bei Essenszeiten, Mittagsruhe und Schlafenszeiten)
  • häufiger Körperkontakt beispielsweise durch ein Tragetuch
  • Rituale wie regelmäßige Entspannungsmassagen und -bäder oder weißes Rauschen
  • regelmäßige Entspannungszeiten für Eltern und Kind
Kind schläft im Bett

Alexa Skill „BIG Baby-Schlaf"

Mit dem Alexa Skill „BIG Baby-Schlaf" könnt ihr euer Baby sanft in den Schlaf wiegen. Sogenanntes weißes Rauschen (White Noise) ähnelt nämlich dem beruhigenden Blutrauschen im Mutterleib.
Zu den Infos

Hilfe durch Schreiambulanzen und Schreiprotokoll

Schreiambulanzen

Mittlerweile gibt es in immer mehr Städten sogenannte Schreiambulanzen, die euch in der Regel schnell einen Termin anbieten können. Sie haben Verständnis für eure Situation, beantworten eure Fragen, geben euch Tipps, wie ihr Schreibabys beruhigen könnt und unterstützen euch dabei, trotz der Umstände die Beziehung zwischen euch und eurem Kind zu entspannen und zu stärken. Hier findet ihr eine Schreiambulanz in eurer Nähe.

Schreiprotokoll

Wenn euer Baby häufig und aus unerklärlichen Gründen schreit und quengelt, kann es hilfreich sein, ein Schreiprotokoll zu führen. Möglicherweise kann euch euer Kinderarzt oder eure Hebamme eine Protokollvorlage aushändigen oder mit euch gemeinsam eine Vorlage erarbeiten. Ansonsten findet ihr diese auch im Internet. Wichtig ist, dass ihr über mindestens zwei Wochen ein 24-Stunden-Protokoll mit Datum, Uhrzeit und Tätigkeit/Aktion/Besonderheiten notiert, um möglichen Auslösern auf die Spur zu kommen.

Eltern trifft keine Schuld!

Wichtig ist, dass ihr euch keine Vorwürfe macht, wenn euer Baby oder Kleinkind nicht aufhört zu schreien und euch eurer Hebamme und eurem*er Kinderarzt*ärztin oder einer Schreiambulanz anvertraut, um Tipps zu erhalten, wie ihr euer Kind beruhigen und selbst ruhig bleiben könnt.

Close-up Mutter, die ihr weinendes Baby im Arm hält und tröstet

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