Schulkind sitzt traurig auf dem Schulflurboden und verbirgt sein Gesicht in seinen Armen

Deutsches Schulbarometer: 21 Prozent der Kinder haben psychische Auffälligkeiten

Jedes fünfte Kind (21 Prozent) zwischen 8 und 17 Jahren leidet laut des Deutschen Schulbarometers 2024 unter psychischen Auffälligkeiten. Die Robert-Bosch-Stiftung befragte für das Schulbarometer zum ersten Mal Kinder und Jugendliche zu ihrem schulischen und psychischen Wohlbefinden. Lest hier die wichtigsten Umfrageergebnisse und Tipps, wie ihr eure Kinder durch Krisenzeiten begleiten könnt.

Wie lief die Schulbarometer-Befragung ab?

Für das Deutsche Schulbarometer befragte die Robert-Bosch-Stiftung im Frühjahr 2024 stichprobenartig Eltern/Erziehungsberechtigte von Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 17 Jahren. Eltern und Kinder sollten den Fragebogen jeweils selbst ausfüllen. Bislang gibt es kaum repräsentative Erhebungen, die einen Bezug zwischen dem psychischen und schulischen Wohlbefinden von Schüler*innen herstellen. 

Es wurden Fragen zu folgenden Bereichen gestellt:

  • Wohlbefinden
  • Ängste/Sorgen
  • Schulklima
  • Unterrichtsqualität
  • Hilfsangebote

Die wichtigsten Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers 2024

Psychische Auffälligkeiten

Ungefähr jedes fünfte Schulkind (21 Prozent) zeigt psychische Auffälligkeiten. Mit einem Anteil von 33 Prozent betrifft das speziell Familien mit finanziellen Problemen. Laut elterlicher Aussagen haben 24 Prozent diesbezüglich einen Hilfebedarf.

Lebensqualität

27 Prozent – also über ein Viertel der befragten Schulkinder beurteilen ihre Lebensqualität als gering. Mit 45 Prozent ist hierbei der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf am größten. Darauf folgen mit 37 Prozent wieder Schüler*innen, die in einkommensschwachen Familien aufwachsen.

Häufige Sorgen der Schulkinder

  • Krieg:71 Prozent geben an, dass Kriege sie sehr oft, oft oder manchmal sorgen und belasten.
  • Umwelt/Klimawandel:61 Prozent und somit fast zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen macht sich Sorgen um Umwelt und Klimawandel.
  • Leistungsdruck:51 Prozent haben oft oder manchmal Leistungsdruck-Sorgen. Dies betrifft mit 43 Prozent vornehmlich ältere Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren und mit 36 Prozent Schulkinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Schulisches Wohlbefinden

Insgesamt berichten 20 Prozent der befragten Kinder von einem geringen schulischen Wohlbefinden. Davon sind 30 Prozent Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien. 58 Prozent der Befragten, die bereits unter psychischen Auffälligkeiten leiden, haben auch ein schwaches schulisches Wohlbefinden. Bei Kindern ohne psychische Auffälligkeiten sind es 14 Prozent.

Schulbewertung

  • Das gefällt Schüler*innen nicht: Lehrkräfte (17 Prozent)
  • Probleme mit Mitschüler*innen (13 Prozent)
  • ungeliebte Unterrichtsfächer (9 Prozent)
  • Das gefällt Schüler*innen: sehen ihre Freund*innen (25 Prozent)
  • gute Beziehung zu Lehrkräften (17 Prozent)
  • Pausen (13 Prozent)

Unterrichtsqualität

  • 83 Prozent bemängeln häufige Unterrichtsstörungen
  • 75 Prozent der Schulkinder nehmen Lehrkräfte als freundlich wahr
  • 41 Prozent fehlt konstruktive Unterstützung durch Lehrkräfte (nachfragen, ob man gut mitkommt etc.)
  • 37 Prozent fehlen konstruktive und individuelle Rückmeldungen von Lehrkräften

Klassenleitungsstunden, um Probleme zu besprechen

Ein Großteil der Befragten hat die Möglichkeit, durch regelmäßige Klassenleitungsstunden bzw. Klassenverbundsstunden Probleme besprechen zu können.

Bei 35 Prozent finden diese Stunden gar nicht oder seltener als einmal pro Monat statt. Je älter die Kinder, desto seltener werden die Klassenverbundsstunden. Betroffen sind vor allem Schüler*innen, die aufs Gymnasium gehen (40 Prozent). Bei anderen Schulformen sind es allerdings auch noch 30 Prozent.

Hilfesuche der Eltern

24 Prozent der Eltern geben an, dass ihr Kind aufgrund psychischer Beschwerden im letzten Jahr Hilfe benötigt hat/hätte. Davon haben 28 Prozent der Eltern keine Hilfe gesucht bzw. waren nicht dazu in der Lage.

Von den Eltern, die die Schule um Hilfe gebeten haben, haben sich in 70 Prozent an die Klassenlehrkraft, in 39 Prozent an die Schulsozialarbeiter*innen und in 31 Prozent an die Schulpsycholog*innen gewandt. 23 Prozent dieser Eltern haben dennoch nicht die erforderliche Unterstützung bekommen.

Außerhalb der Schule waren mit 50 Prozent die Psychotherapie (mit einer durchschnittlichen Wartezeit von rund 5 Monaten) und mit 38 Prozent Hausärzt*innen die häufigsten Anlaufstellen. 

Einstellungen der Schüler*innen zu Hilfsangeboten

Zwar geben 70 Prozent der Kinder an, dass sie über die Hilfsangebote in ihrer Schule Bescheid wissen, allerdings gehen 45 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten davon aus, dass ihnen dort trotzdem nicht geholfen werden könne. Bei Kindern ohne Auffälligkeiten sind es 27 Prozent. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass 26 Prozent der Schüler*innen mit psychischen Beschwerden schlechte Erfahrungen in ihrer Schule gemacht haben, nachdem sie ihre Probleme offengelegt haben. Bei den Kindern ohne Beschwerden sind es 11 Prozent. 

Neben spezieller Handlungsanweisungen für Schulen ist geplant, dass die Befragung der gleichen Schüler*innen jährlich wiederholt wird.

Was ergab die Befragung der Lehrkräfte?

Für das Deutsche Schulbarometer werden auch die Lehrkräfte befragt. Die letzte Befragung im November 2023 kam unter anderem zu diesen Ergebnissen:

Etwa jede zweite Lehrkraft berichtet von zunehmender psychischer und körperlicher Gewalt unter Schüler*innen. 

Viele Lehrer*innen leiden deshalb unter einem erhöhten Stresspegel oder unter Burnout bzw. stehen kurz davor.

So unterstützt ihr eure Kinder bei psychischen Beschwerden

  1. Verständnis und Beistand Eine vertrauensvolle Eltern-Kind-Bindung ist die beste Voraussetzung, um gemeinsam Problemen vorzubeugen bzw. diese zu mindern. Spürt ihr, dass es eurem Kind psychisch nicht gut geht, benötigt es Geduld, Verständnis und Beistand, um dann gemeinsam die nächsten Schritte angehen zu können. 10 Aussagen, die eure Kinder glücklich machen
  2. Schule kontaktieren Zwar habt ihr kaum Einfluss auf das Verhalten der Lehrkräfte und die Hilfsangebote der Schule, aber es ist immer von Vorteil, wenn ihr spätestens dann zu allen Beteiligten Kontakt aufnehmt, wenn ihr das Gefühl habt oder wisst, dass es eurem Kind mental nicht gut geht oder/und es Probleme im Schulalltag hat.

    Wichtig hierbei: Sprecht zuerst mit eurem Kind, versucht den Problemen auf die Spur zu kommen und setzt es darüber in Kenntnis, dass ihr erst dann die Schule kontaktiert. Schulgespräche sind leichter, wenn ihr bereits guten Kontakt mit der Schule pflegt. Das geht am besten durch Elternabende, Elternsprechtage und Schulevents. Abgesehen davon, dass Schulen dazu aufgerufen werden, aufgrund von Studienergebnissen wie des Schulbarometers selbst Veränderungen vorzunehmen, habt ihr natürlich bei euren Gesprächen auch das Recht, für euer Kind einzustehen und konstruktive Vorschläge zu machen. Sozial-emotionales Lernen ist zum Beispiel ein guter Ansatz!
    Sozial-emotionales Lernen - in der Schule und zu Hause
  3. Entspannung Psychische Auffälligkeiten, Stress und Ängste überfordern die sensible Kinderseele und können zu einer Vielzahl an weiteren gesundheitlichen Problemen wie Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit führen. Regelmäßige Entspannungsphasen für eure Kleinen sind daher essenziell. Findet gemeinsam heraus, wie euer Kind am besten zur Ruhe kommt. Nutzt zum Beispiel beruhigender Musik, Traumreisen/Kinder-Yoga, autogenes Training oder ... die Schlaf- und Entspannungs-App Aumio für Kinder.
  4. Psychologische Hilfe Liegen die psychischen Beschwerden eures Kindes tiefer, zögert nicht und nehmt professionelle Hilfe durch Psychotherapeut*innen in Anspruch. Dabei ist leider Geduld gefragt, denn die Wartezeiten für einen Therapieplatz belaufen sich meist auf mehrere Monate. Daher ist es wichtig, dass ihr euch frühzeitig um einen Platz bemüht. Um die Zeit bis zum Therapiebeginn zu überbrücken, könnt ihr auf digitale Unterstützung zurückgreifen. Als BIG-Versicherte könnt ihr beispielsweise die App mentalis CareNow für 12 Monate kostenlos nutzen. Alle Infos zu mentalis CareNow
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