Ihre Corona-Infektion haben Sie überstanden – doch auch Wochen später fühlen Sie sich müde und erschöpft, geraten selbst bei leichter körperlicher Anstrengung außer Atem. Dann leiden Sie möglicherweise unter Long COVID. Damit ist gemeint, dass Symptome mindestens vier Wochen nach der COVID-19-Infektion andauern. Möglich ist auch, dass ganz neue Beschwerden auftreten. Noch ist unklar, wie viele Menschen von Long COVID betroffen sind. Die Hochrechnungen aus verschiedenen Studien gehen weit auseinander: Zwischen zehn und 50 Prozent der COVID-Patienten bekommen Schätzungen zufolge auch Long COVID.
So verläuft eine COVID-19-Infektion
Das Corona-Virus trifft Menschen unterschiedlich hart: Während manche kaum Symptome spüren, müssen andere teils mehrere Wochen auf der Intensivstation verbringen. Die Schwere der Erkrankung hat jedoch keinen Einfluss darauf, ob Infizierte daraufhin Long COVID entwickeln. Prinzipiell lässt sich eine COVID-19-Erkrankung in drei Stadien aufteilen.
- akute Phase: Sie zeigen Symptome einer COVID-19-Erkrankung und Befunde von Tests fallen positiv aus. Die Phase dauert bis maximal vier Wochen nach den ersten Anzeichen.
- anhaltende (subakute) Phase: Auch vier bis zwölf Wochen nach den ersten Anzeichen zeigen Sie Symptome. Mediziner sprechen hier auch vom Ongoing-COVID-Syndrom.
- Post-COVID-Syndrom: Wenn Sie über zwölf Wochen nach den ersten Anzeichen einer COVID-Erkrankung weiterhin Symptome spüren oder unerklärliche neue hinzukommen, sind Sie vom Post-COVID-Syndrom betroffen.
- Unter den Begriff Long COVID fallen sowohl die subakute Phase als auch das Post-COVID-Syndrom.
Wer ist von Long COVID betroffen?
Noch ist recht wenig über Long COVID bekannt, denn die Studienlage ist dünn. Experten können daher noch nicht mit Sicherheit sagen, weshalb eine Person das Syndrom entwickelt. Grundsätzlich kann es junge, ansonsten gesunde Menschen ebenso treffen wie ältere. Allerdings zeichnet sich ab, dass einige Personengruppen besonders häufig mit langfristigen Folgen kämpfen. Ein erhöhtes Risiko Long COVID zu entwickeln haben Sie, wenn:
- Sie über 50 Jahre alt sind.
- Sie stark übergewichtig sind.
- Sie an einer Vorerkrankung des Herzens oder der Lunge leiden.
Auch wenn Sie einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung erlebt haben, steigt die Wahrscheinlichkeit für langfristige Beschwerden. Frauen leiden zudem öfter unter Fatigue, also ausgeprägter Erschöpfung. Bei vielen Patienten treten die Symptome einzeln auf, möglich ist jedoch auch ein Zusammenspiel verschiedener Beschwerden.
Wie Sie das Long-COVID-Syndrom erkennen
Viele Symptome, die im Zusammenhang mit Long COVID auftreten, sind eher unspezifisch und sehr vielfältig. Daher fällt es Ärzten oft schwer, eine eindeutige Diagnose zu treffen. Besonders häufig kommt es bei Long-COVID-Patienten zum Fatigue-Syndrom – die Betroffenen sind ständig erschöpft und deutlich weniger leistungsfähig. Oft können Sie den Alltag nur noch schwer bewältigen. Typisch ist zudem ein Druckgefühl auf dem Brustkorb, Atemnot und Kurzatmigkeit.
Weitere Anzeichen sind:
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- Störungen des Geschmacks- und Geruchssinns
- Herzrasen, Herzstolpern, Herzklopfen
- Schlafstörungen
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme
- Angstzustände und depressive Verstimmungen
- Haarausfall
- Fieber
- neu auftretende Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes)
- Gerinnungsstörungen
Wie lange diese Symptome anhalten und ob sie wieder verschwinden, können Ärzte bislang nicht eindeutig beurteilen.
Psychische Beschwerden, die neu einsetzen, müssen nicht das Resultat einer vorangegangenen COVID-19-Infektion sein. Eine mögliche Ursache ist auch die allgemeine psychisch belastende Situation der Betroffenen während der Pandemie: Durch die soziale Isolation stieg die Zahl der Menschen mit depressiven Beschwerden um 28 Prozent.
Long-COVID-Service hilft Betroffenen
Diagnose Long-COVID-Syndrom: Wie geht es weiter?
Um die Diagnose Long COVID zu stellen, verschafft sich der Arzt zunächst einen Überblick über Ihren Allgemeinzustand. Wichtig ist es, andere Erkrankungen als Ursache der Symptome auszuschließen. Auch weiterführende Untersuchungen wie ein EKG oder eine Röntgenaufnahme der Lunge können hierzu sinnvoll sein.
Doch wie sieht die Therapie nach der Diagnose aus? Medikamente gegen das Long-COVID-Syndrom gibt es bislang nicht. Da die jeweiligen Symptome sehr individuell sind, brauchen Betroffene stattdessen einen individuellen Behandlungsplan. Dabei kommen häufig Ärzte unterschiedlicher Fachrichtung, etwa Internisten, HNO-Ärzte oder Psychiater zusammen. Außerdem kann der Plan verschiedene Therapieangebote wie Physio- oder Ergotherapie beinhalten.
Um Long-COVID-Erkrankte bestmöglich versorgen, pflegen und rehabilitieren zu können, ist weitere Forschung nötig. Die Bundesregierung hat zu diesem Zweck 6,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Haben Sie den Verdacht, an Long COVID erkrankt zu sein, ist Ihr Hausarzt die erste Anlaufstelle. Mittlerweile gibt es jedoch auch spezielle COVID-Ambulanzen. Dort arbeiten unterschiedlich spezialisierte Ärzte interdisziplinär zusammen, um Patienten zu diagnostizieren und optimal zu beraten.
Hilft eine Impfung gegen Long COVID?
Eine Impfung schützt meist vor schweren Verläufen direkt nach der Infektion – doch hat sie auch einen positiven Effekt auf das spätere Post-COVID-Syndrom? Zu diesem Schluss kommt eine britische Studie, die das Fachblatt “The Lancet Infectious Diseases” veröffentlichte. Diese stützt sich auf Daten aus einer App, in der die Teilnehmer beispielsweise Corona-Symptome und ihren Impfstatus teilen. Kam es bei geimpften Probanden zu einem Impfdurchbruch, entwickelten fünf Prozent ein Long-COVID-Syndrom. Zum Vergleich: In der Gruppe der Ungeimpften traf es mit 11 Prozent mehr als doppelt so viele Teilnehmer. Trotz dieser ersten, vielversprechenden Ergebnisse sind weitere Untersuchungen nötig, um gesicherte Aussagen treffen zu können.
Besser leben mit dem Fatigue Syndrom
Informationsportal über Long Covid
Betroffenen und Angehörigen verlässliche Informationen rund um die Langzeitfolgen einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu bieten - dafür hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein neues Informationsportal erstellt.