Die analytische Psychotherapie geht auf Sigmund Freud zurück. Daher wird sie im Alltag oft als Psychoanalyse bezeichnet, obwohl die heutige Therapie über hundert Jahre lang weiterentwickelt wurde. Eine analytische Psychotherapie soll unbewusste Denk- und Verhaltensmuster aufdecken. Dabei spielen Beziehungs- und Kindheitserfahrungen eine zentrale Rolle – denn diese prägen noch Jahre später die eigene Wahrnehmung und das eigene Verhalten.
Geschützt auf der Couch: ohne Filter alles aussprechen
Eine analytische Psychotherapie läuft anders ab als eine normale Gesprächstherapie. Während der Therapiesitzung liegen Sie auf einer Couch, an deren Kopfende die Therapeutin oder der Therapeut sitzt. Er oder sie hört aufmerksam zu, hält sich aber mit Fragen und Kommentaren zurück. Im Liegen sind Sie körperlich entspannt und in einer geschützten Sprechsituation. Nun sollen Sie möglichst ungefiltert alles mitteilen, was Ihnen zu einem bestimmten Thema durch den Kopf geht. Oft wird es dabei um Ihre Beziehungserfahrungen gehen – speziell die besonders prägenden mit Eltern, Geschwistern oder solche in Partnerschaften. In frühen Beziehungen erlernte Verhaltensmuster führen später oft zu inneren Konflikten. Meist reichen kleine Schieflagen, zum Beispiel in der Beziehung zu den eigenen Eltern, um im Laufe des Lebens ernste psychische Probleme zu entwickeln.
Inneren Konflikten ins Auge schauen
Durch das geschützte Setting auf der Couch sollen die rational kritischen Teile der Persönlichkeit heruntergefahren werden, um den unbewussten Teilen der Psyche Raum zu geben. So kommen Ihre verdrängten Gefühle und Erinnerungen an die Oberfläche. Eigene Handlungen und Emotionen, die Ihnen bisher unverständlich waren, erscheinen in einem neuen Licht. Innere Konflikte werden bewusst angeschaut und verlieren dadurch an Macht.
So entwickeln Sie über viele Therapiesitzungen ein fundiertes Verständnis des eigenen Unbewussten. Dieses ist der Schlüssel für anschließende Veränderungen. Die analytische Psychotherapie ist also ein intensiver und langer Prozess, doch dafür geht sie seelische Probleme auch sehr tiefgreifend an. Sie lernen dabei, Ihre eigene Persönlichkeit besser zu verstehen. Dadurch können Symptome langfristig gelindert werden – oder sogar ganz verschwinden.
Besonders wichtig: das Verhältnis zum Therapeuten
In einer analytischen Psychotherapie werden bedeutsame Beziehungserfahrungen erneut durchlebt und die entsprechenden Gefühle auf die Therapeutin oder den Therapeuten übertragen. Sie dienen dann als Projektionsfläche für frühere Bezugspersonen. Dies setzt einen intensiven Lern- und Änderungsprozess in Gang.
Dadurch entwickeln viele Menschen während der Therapie eine besondere Beziehung zu der analysierenden Person. Daher ist es gerade für eine analytische Psychotherapie wichtig, sich bei der Behandlung sicher zu fühlen. Machen Sie sich also ein möglichst genaues Bild von Praxis, die Sie ins Auge gefasst haben. Recherchieren Sie den Auftritt im Netz, informieren Sie sich über eventuelle Fortbildungen und Behandlungs-Schwerpunkte. Passt die fachliche Ausrichtung zu Ihrem Krankheitsbild?
Noch wichtiger ist nun die Frage, ob die Chemie zwischen ihnen und der therapierenden Person stimmt. Bevor Sie sich entscheiden, können Sie fünf Sitzungen ausmachen, um sich kennenzulernen. Nur wenn Sie das Gefühl haben, sich bedenkenlos öffnen zu können, sollten Sie die Therapie beginnen.
Ist eine analytische Psychotherapie die richtige Therapieform für Sie?
Die analytische Psychotherapie gehört zu den vier Therapierichtungen, die von deutschen Krankenkassen getragen werden. Dazu müssen Sie, gemeinsam mit Ihrer Therapeutin oder Ihrem Therapeut lediglich einen Antrag bei Ihrer Krankenkasse stellen. Wenn diese zustimmt, übernimmt sie die vollen Kosten der Therapie.
Im Vergleich zu den anderen drei Therapierichtungen – der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, der Verhaltenstherapie und der Systemischen Therapie – ist die analytische Psychotherapie die längste und tiefgreifendste Therapieform. Sie umfasst bis zu 300 Sitzungen, bei zwei bis drei Sitzungen pro Woche.
Eine analytische Psychotherapie eignet sich daher vor allem bei lang anhaltenden und tief sitzenden Beschwerden. Dazu gehören zum Beispiel bei Persönlichkeitsstörungen, Anpassungsstörungen, Depressionen und psychosomatischen Erkrankungen. Auch bei Angst- oder Zwangsstörungen ist sie in vielen Fällen sinnvoll.